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Baugebiet Hankhauser Weg

Wettlauf um die letzten Neubürger - Torschlusspanik in Rastede ?

Hankhausen, Loyer Weg, ... hier ist eine "Lückenbebauung" im Landschaftsschutzgebiet geplant
Hankhausen, Loyer Weg, ... hier ist eine "Lückenbebauung" im Landschaftsschutzgebiet geplant

Zwischen den Ammerländer Gemeinden tobt seit einiger Zeit ein Wettlauf um die letzten bauwilligen Neubürger und ansiedlungswilligen Firmen. Alle noch verfügbaren freien Flächen werden als Baugebiete ausgewiesen, um die vorgezeichnete demografische Bevölkerungsentwicklung hinauszuschieben bzw. zu kompensieren. In Rastede werden dabei immer dann panikartige Reaktionen sichtbar, wenn die Einwohnerzahl in die Nähe von 20.000 gerät oder gar darunter abzustürzen droht. An dieser Zahl scheint die Zukunftsfähigkeit der Gemeinde wie am seidenen Faden zu hängen.
Das gerade erstellte Gutachten zur Gemeindeentwicklung kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass selbst bei einem "aktiv nutzerorientierten Baulandangebot" mit neuen Baugebieten die Bevölkerung bis 2020 um 4% abnehmen wird. Bei einer Beschränkung auf die Bebauung vorhandener Lücken beträgt der Bevölkerungsrückgang 6%. Dieser Unterschied ist so gering, dass er eine Vernachlässigung landschaftlicher und naturräumlicher Gesichtspunkte bei der künftigen Planung nicht begründen kann. Umso mehr sollte daran erinnert werden, dass die Anwerbung neuer Einwohner nicht Grund für die fortschreitende Zersiedelung Rastedes und seiner Bauerschaften werden darf. Wenn erst der unverwechselbare Dorfcharakter unserer Geestranddörfer durch austauschbare Siedlungselemente unkenntlich geworden ist, ist es zu spät für ein Gegensteuern. Stattdessen sollte die in der Vergangenheit bereits praktizierte maßvolle Lückenbebauung fortgeführt werden!

Loy, Dorfstr./Hankhauser Weg:...geplant 1-2 Bauplätze Foto: H. Lobensteiner
Loy, Dorfstr./Hankhauser Weg:...geplant 1-2 Bauplätze Foto: H. Lobensteiner

In jüngster Zeit greift die Gemeinde nun sogar auf Flächen im Landschaftsschutzgebiet (LSG) "Rasteder Geestrand" zurück. Betroffen davon sind die Ortsteile Loy, Barghorn und Hankhausen. Hier wird versucht, die Ränder des LSG aufzuweichen und den Ansiedlungsplänen unterzuordnen. Der NABU hat dieses Ansinnen in einer formellen Stellungnahme gegenüber dem Landkreis heftig kritisiert. Wir wollen dem Ausverkauf der Landschaft nicht tatenlos zusehen. Auch die Bürger in Loy und Hankhausen formieren sich in breiter Front gegen die Expansionspläne der Gemeinde (lesen Sie dazu den Brief vom 12.07.2008 an die Gemeinde). Abgesehen von der rechtlichen Zulässigkeit der derzeitigen Planungen der Gemeinde (immerhin widersprechen sie den Darstellungen des Landschaftsrahmenplans und des Landschaftsplans der Gemeinde Rastede (s. dort Kap. 2 und 3)) halten wir eine Bebauung in den Bauerschaften aus vielerlei Sicht für eher gegen das Wohl der Gemeinde gerichtet. Zum einen ist die Beliebtheit Rastedes in seiner außerhalb des Kernortes noch relativ unverbauten Landschaft begründet, zum anderen lebt auch der Tourismus in Rastede von einer intakten dörflichen Struktur in den Bauerschaften. Rastede hat das große Privileg einer wertvollen und unverwechselbaren Umgebung am Rande von Geest und Moor mit seinen Wäldern, Grünländereien und Geestranddörfern.

Barghorn, Barghorner Weg:    ...hier soll massiv ins LSG hineingebaut werden
Barghorn, Barghorner Weg: ...hier soll massiv ins LSG hineingebaut werden

Wer sich einmal mit dem Landschaftsplan der Gemeinde Rastede befaßt, wird schnell feststellen, dass die dort erst in den 1990’er Jahren festgelegten Ziele in bezug auf Erhaltung und Weiterentwicklung der Geestranddörfer bereits häufig außer acht gelassen wurden.
Der Landkreis als Genehmigungsbehörde räumt dem verfassungsmäßig garantierten Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden mit geringen Abstrichen höchste Priorität ein und übersieht dabei, dass dieses Recht auch Grenzen haben muß. Eine bislang geschützte Landschaft kann nicht deswegen schlagartig Schutzkriterien verlieren, weil sich Teile als Baugebiet eignen. Hier muß ein Umdenken einsetzen. Man könnte es sich bedeutend leichter machen, wenn man einen konsequenten Weg gehen würde: Landschaftsschutzgebiete bleiben auf Dauer unangetastet und zählen nicht zur Verfügungsmasse von Gemeinden. Die Vergangenheit hat auf schmerzhafte Weise gezeigt, dass sich Fehler wie bei der Uferbebauung des LSG Zwischenahner Meer nicht wiederholen dürfen. Erlaubt man jetzt neuerlich einer Gemeinde, LSG-Flächen zu bebauen, so könnten auch die Begehrlichkeiten anderer Kommunen geweckt werden. Hier tut sich der Landkreis keinen Gefallen und handelt sich obendrein die Verärgerung betroffener und besorgter Bürger ein.

Hankhausen, Denkmalsweg: ...hier würde der dörfliche Charakter verlorengehen, Fotos: H. Lobensteiner
Hankhausen, Denkmalsweg: ...hier würde der dörfliche Charakter verlorengehen, Fotos: H. Lobensteiner

Und noch dieses: anläßlich der letzten größeren, von allen Verbänden mitgetragenen "Bereinigung" von LSG im Ammerland, wurde versichert, dass künftig eine restriktive Linie bei Anträgen auf Ausnahmegenehmigungen eingeschlagen werden soll. Das ist aber offenbar schon zu lange her – Zeit, die Verantwortlichen daran zu erinnern!

Lesen Sie dazu auch die nachfolgenden NABU-Empfehlungen zum "Flächenverbrauch im ländlichen Raum"!

Flächenverbrauch im ländlichen Raum
- Handlungsempfehlungen des NABU -

Für die Kommunen des ländlichen Raumes stellt eine nachhaltige Flächenpolitik eine besondere Herausforderung dar. Viele Gemeinden mit raumordnerisch untergeordneter Funktion oder ohne zentralörtliche Bedeutung versuchen Bedeutungsgewinne zu erzielen mittels Einwohnerzuwachs oder Gewerbeansiedlung. Dazu halten sie zahlreiche und vergleichsweise große planungsrechtlich gesicherte Baulandreserven bereit. Doch die Vermarktung großflächiger Neubaugebiete wird immer schwieriger. Die bereits hergestellte Infrastruktur verursacht enorme Kosten durch Vorfinanzierung und Unterhalt. Gerade in kleinen Kommunen machen sich die negativen ökonomischen und ökologischen Folgen überdimensionierter Flächenausweisungen unmittelbar bemerkbar.

Dennoch fällt es der kommunalen Politik schwer, von neuen Ausweisungen Abstand zu nehmen. Übergeordnete raumplanerische Vorgaben zur Reduzierung des Flächenverbrauches sind in der Regel nicht strikt genug. Staatliche Rahmensetzungen im Steuerrecht und Gemeindefinanzsystem animieren nach wie vor zum Wachsen in die Fläche. Die demografisch und wirtschaftsstrukturell bedingt nachlassende Nachfrage nach Wohnraum und Gewerbeflächen wird von vielen als eine kurzfristige Erscheinung interpretiert, der man mittels Baulandausweisung entgegenwirken könne.
Selbst Gemeinden, die sich heute noch in einer „Wachstumsregion“ sehen, wird die stagnierende, alternde und schrumpfende Wirtschaft und Gesellschaft früher oder später einholen.Um so wichtiger ist es, sich früh genug darauf einzustellen. Dem beschriebenen Staatsversagen zum Trotz können die Kommunen in ihrem eigenen Wirkungskreis und Verantwortungsbereich selbst sehr viel zu einem nachhaltigen Umgang mit der Ressource Fläche beitragen.

In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf den im Okt. 2009 publizierten Abschlussbericht eines Forschungsprojektes des Umweltbundesamtes mit dem Titel "Von der Außen- zur Innenentwicklung in Städten und Gemeinden - Erarbeitung von Handlungsvorschlägen sowie Analysen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Wirkungen einer Neuorientierung der Siedlungspolitik" (Kurztitel: "Das Kostenparadoxon der Baulandentwicklung") lohnend!

 

Bericht: H. Lobensteiner

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