Loy / Ipwege soll Standort eines Industrieparks werden
Trotz ungezählter Proteste aus allen Teilen der Bevölkerung in unzähligen Leserbriefen (NWZ, rasteder rundschau), einer ganzseitigen Anzeige (Ammerländer Sonntagszeitung) und großer Anteilnahme
der Medien wurde die 38. Änderung des Flächennutzungsplans und der Bebauungsplan 86 für einen Industriepark bei Loy/Ipwege vom Gemeinderat mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen CDU, FDP und UWG
am 23.09.2008 auf den Weg gebracht. Begleitet war die turbulente Sitzung im vollbesetzten Delfshauser Saal von den Protesten der "Initiative gegen ein Industriegebiet in Rastede". Am 1. Dezember
rückten dann die großen "Ernte"-maschinen (Harvester) an und haben innerhalb weniger Tage 10 ha Wald an der B 211 abgeholzt.
Dabei verfügt Rastede mit einer Ausnahme an jeder Einfallstraße über ein Gewerbe- bzw. Industriegebiet, zum vollendeten Glück Bürgermeister Deckers fehlte bislang nur noch ein größerer
Industriepark. An der B 211 soll nun diese Lücke geschlossen und Betriebe angesiedelt werden, die Emissionen in Form von Schadstoffen, Abgasen, Gerüchen und Lärm produzieren, die in anderen
Gewerbegebieten unzulässig sind. Es gibt auch keine größeren Bedenken, im waldarmen Ammerland 10 ha Wald abzuholzen und in „blühende Landschaften“ zu verwandeln. Und das obwohl nach letzten
Erkenntnissen der Klimawandel viel schneller und dramatischer prognostiziert wird als bisher angenommen (arktisches Packeis könnte bis 2040 bereits völlig abgeschmolzen sein verbunden mit einem
Meeresspiegelanstieg um bis zu 1,20 m mit verheerenden Auswirkungen auf unsere Küstenregionen; auch wird eine 37%ige Zunahme sturmbedingter Schäden erwartet (Quelle: WWF, Okt. 2008). Da zählt
jeder ha unversiegelter Boden, insbesondere Wald als CO²-Speicher!
Solche von Verantwortung gegenüber diesen und nachfolgenden Generationen zeugenden Überlegungen sind in Rastede zumindest für die Öffentlichkeit nicht erkennbar. Die als Kompensation deklarierten Baum-Ersatzpflanzungen an unterschiedlichen Standorten haben, selbst wenn sie den abzuholzenden Wald flächenmäßig übertreffen, frühestens in 30 - 50 Jahren eine ähnliche Wirkung als Sauerstoffspender und CO²-Speicher, sind aber, bedingt durch die Kleinräumigkeit, kein Ersatz für das jetztige Ökosystem Wald! So gilt in Rastede weiterhin die Maxime: die Wirtschaft muß brummen. Prosperität um jeden Preis. Wohnortnahe Arbeitsplätze in unbestimmbarer Größenordnung gegen die Wohnqualität ganzer Ortsteile. Diese einseitige Sicht wird sich rächen: Natur und Landschaft werden irreparabel geschädigt, die (zugewanderten, arglosen) Bürger verlieren nach und nach die ihnen in schönen Bildern offerierte Lebensqualität im noblen Residenz- und Luftkurort Rastede. Offenbar blind für die vielen Nachteile solcher Ansiedlungen bzw. den Argumenten des Bürgermeisters hilflos ausgeliefert wird weiterhin nach der Gleichung: neue Betriebe = neue Arbeitsplätze = neue Einwohner = zusätzliche (Steuer-) Einnahmen = zufriedene Bürger gehandelt. Letzteres wird jedoch immer fraglicher. Die zumeist Betroffenen, die Loyer, Ipweger und Wahnbeker Bürger, laufen Sturm und haben eine Bürgerinitiative gegründet. Der Landkreis Ammerland als Genehmigungsbehörde im fernen Westerstede weicht seiner Verantwortung aus und sieht wieder einmal die Planungshoheit der Gemeinde als oberste Richtschnur und die Vernichtung von 10 ha Lebensraum für waldbewohnende Arten als mit den Gesetzen vereinbar. Auch die überregionalen Medien haben in mehreren Berichten und Interviews sowie einer NDR1-Podiumsdiskussion ("Jetzt reicht's"), bei der der Bürgermeister und die Mehrheitsfraktion von CDU, FDP und UWG es nicht für nötig erachteten, der Bevölkerung und interessierten Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen, über die Rasteder Ereignisse berichtet.
Der NABU Oldenburger Land e.V. hat im Zuge der öffentlichen Auslegung der Bebauungsplanunterlagen seine Bedenken in einer mehrseitigen Stellungnahme geäußert und insbesondere wegen unvollständiger bzw. fehlender faunistischer Untersuchungen des Gebietes eine
Nachuntersuchung und nochmalige Auslegung der Planunterlagen gefordert. In einer NABU-Bewertung wurden die Unzulänglichkeiten im Fledermaus-Gutachten der
Planungsgruppe NWP aufgezeigt und neue, deutlich erweiterte Untersuchungen zur Fledermaus-Fauna im Plangebiet angemahnt.
Zur Verhinderung eines Kahlschlags der 10 ha Wald und damit dem Entzug jeglicher wissenschaftlicher Grundlage für ein fundiertes faunistisches Gutachten wurde noch am Tage des Rodungsbeginns am
01.12.2008 beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg durch den ehem. niedersächsischen Justizminister, Rechtsanwalt Dr. Wolf Weber, Rastede, ein sofortiges Aussetzen der Rodungsarbeiten
beantragt und ein Normenkontrollantrag gegen den BPlan 86 angekündigt. Das Lüneburger Gericht konnte sich aber nicht der Rechtsauffassung des NABU und eines Anwohners anschließen und sah keinen
Handlungsspielraum für die Einstellung der Rodungsarbeiten. Der NABU und die Bürgerinitiative behalten sich weitere juristische Schritte vor.
"Küstenautobahn" (A 22)
-s. auch Jahresberichte 2004 bis 2007 und unsere spezielle Internetseite-
Ende 2007/Anfang 2008 war die Zeit der intensivsten Auseinandersetzung mit der geplanten A 22 für den Bereich westlich der Weser. Die Arbeiten zur Erstellung einer 20-seitigen detaillierten
Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren (ROV) konnte im Januar 2008 abgeschlossen und an die Straßenplanungsbehörde beim Landkreis Lüneburg geschickt werden. Ende Juli wurden dann von der Behörde
in Teilen geänderte Planungsunterlagen übersandt, die innerhalb eines Monats (in der Hauptferien- und Reisezeit!) gesichtet, bewertet und bearbeitet werden sollten. Nach Angaben der Behörde
wurden die Änderungen durch zusätzliche Variantenvergleiche aufgrund der Vielzahl von Einwendungen von Verbänden und Betroffenen im Rahmen des ROV nötig. Mit den Unterlagen wurde außerdem eine
vergleichende Übersicht der Stellungnahmen und der Entgegnungen der Planer versandt. Diese sogenannte Synopse umfaßte allein über 1000 (!) kleinbedruckte Seiten. Der NABU ist auch dem am
26.03.2008 in Jaderberg gegründeten Schutz- und Klagefonds mit einem Beitrag von 200 Euro beigetreten. Für die Interessenvertretung der Betroffenen, Bürgerinitiativen und Verbände konnte ein in
Verkehrsstreitigkeiten erfolgreicher Berliner Anwalt gewonnen werden, der auch das ROV bereits aktiv begleitet hat. Der Vorsitzende des NABU Rastede hat an den diesbezüglichen Besprechungen mit
dem Sprecherkreis der Initiativen westlich der Weser teilgenommen.
Roter Steinwegsee - kommerzielle Interessen gegen Bürgerwillen
Die ehemalige Kiesgrube Holt am Roten Steinweg in Friedrichsfehn, Gemeinde Edewecht, wurde 2007 als Insolvenzmasse von dem Rasteder Kaufmann und Kreistagsabgeordneten Matthias Decker erworben.
Der neue Eigentümer verfolgt die Idee, das Gelände im nördlichen und westlichen Teil mit einer großzügigen Wohnbebauung („Wohnpark am See“) zu überplanen. Betuchten Neubürgern und Pferdehaltern
sollen exklusive Seegrundstücke angeboten werden. Wie schon in Rastede mit der ehemaligen Holtgrube an der Tannenkrugstraße, jetzt „Business-Ressort am See“, sollte auch diese Grube optimal
vermarktet werden. Die seinerzeitige Abbaugenehmigung wurde mit der Auflage verbunden, das Abbaugelände nach Beendigung der Sandentnahme der natürlichen Sukzession zu überlassen, also der Natur
zurückzugeben. Im Laufe der Jahre hat sich der Abbausee durch natürlichen Aufwuchs zu einem Refugium für allerlei schützenswerte Tier- und Pflanzenarten entwickelt. So wurden insbesondere im von
der Bebauung bedrohten nördlichen Teil die geschützten Arten Ringelnatter und Waldeidechse, die seltenen Libellenarten Torf-Mosaikjungfer und Schwarze Heidelibelle sowie die landes- und
bundesweit stark gefährdete Kleine Binsenjungfer festgestellt. Zusätzlich wird dem Gebiet in einem wissenschaftlichen Gutachten das Potenzial für weitere, auch bedrohte Arten bescheinigt.
Der Landkreis Ammerland war ursprünglich, entsprechend seiner eigenen Abbauauflagen, gegen diese Entwicklung. Noch in der Stellungnahme des Umweltamtes an die Planungsgesellschaft vom 20.03.2007
hieß es: „...Aufgrund der Lage des Abbaugewässers in einem Bereich, der sich aus zahlreichen Flächen mit besonderer Bedeutung für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und das
Landschaftsbild zusammensetzt, bestehen aus naturschutzfachlicher Sicht erhebliche Bedenken, hier diesen Biotoptyp durch eine Bebauung und Wohnnutzung zu beseitigen. Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, dass diese Nutzung auch weitergehende Beeinträchtigungen auf die angrenzenden Flächen, die alle eine besondere Bedeutung für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes haben,
ausüben würde. Eine Bebauung, Umgestaltung der derzeitigen Sukzessionsflächen und intensive Nutzung würde den Lebensraum der besonders geschützten Arten Ringelnatter und Zauneidechse (Anm. d.
Red.: richtig muß es heißen Waldeidechse) zerstören. Es ist nicht ausgeschlossen, dass durch eine Kartierung weitere Tier- und Pflanzenarten vorgefunden werden, die auf diese ungestörten Flächen
als Lebensraum angewiesen sind...“. Trotz dieser eindeutigen Stellungnahme schloß sich der Landkreis dem elitären Konzept an, nachdem auch die Bürgermeisterin der Gemeinde Edewecht, Petra Lausch,
Zustimmung signalisiert hatte. Wieder einmal knickt die Politik vor den kommerziellen Interessen Einzelner ein!
Die Bevölkerung in Friedrichsfehn ist tief beunruhigt und steht einer Bebauung der Naherholungsstätte am Roten Steinweg mehrheitlich ablehnend gegenüber. Eine Unterschriftenaktion ergab 1.300
Unterschriften, immerhin ca. 40 % der Wahlberechtigten Friedrichsfehns. Trotz vieler Aktionen der eigens gegründeten Bürgerinitiative Roter Steinwegsee wie
Informationsveranstaltungen, Presseberichte, Leserbriefe, Rundfunkdiskussion und Unterschriftensammlung hat der Bauausschuß der Gemeinde das Vorhaben am 16.06.2008 abgesegnet.
Mit Schreiben vom 02.07.2008 genehmigt der Landkreis Ammerland der Gemeinde Edewecht auf deren Antrag vom 08.11.2007 die Beseitigung der § 28a-Biotope „Besenheide“ und „Verlandungsbereich
nährstoffarmer Stillgewässer“ zur Größe von ca. 4.800 qm zum Zwecke der Bebauung und der Seeerweiterung.
Die Genehmigung macht einmal mehr ein generelles Problem im Umgang mit Natur deutlich. Dieser wird zunehmend nur noch eine Statistenrolle zugewiesen. Das bei allen Maßnahmen der öffentlichen Hand
zwingend vorausgesetzte und einer Vereinbarkeit mit der Maßnahme zu unterziehende „Allgemeinwohl“ wird auch hier vom Landkreis einseitig ausgelegt. So heißt es in der Begründung des
Genehmigungsschreibens wörtlich: „Unter „Gründen des Allgemeinwohls“ sind alle öffentlichen Belange u. a. also auch die von Ihnen (Anm.: der Gemeinde) aufgezeigte Bauleitplanung zu verstehen.
Ferner „überwiegen“ die für eine Erteilung der Ausnahmegenehmigung sprechenden Gründe das Naturschutzinteresse an der Erhaltung der betroffenen Biotope.“
Unschwer ist auch hier zu erkennen, dass unter Gemeinwohl das Wohl einer sehr begrenzten Anzahl von Personen verstanden wird, in diesem Fall dass eines wirtschaftlich interessanten Investors und
das möglicher Neubürger mit entsprechendem finanziellen Hintergrund. Bemerkenswert ist die Begründung für diesen Abwägungsprozeß mit dem Bedarf von exklusivem Wohnen für Grundstücke über 2.000
qm, die es sonst in der Gemeinde angeblich nicht gibt. Es „soll damit die stetige Nachfrage nach zusammenhängenden größeren Baugrundstücken befriedigt werden...Dabei ist insbesondere in
Friedrichsfehn aufgrund der Nähe zum Oberzentrum Oldenburg und in Ergänzung des bereits vorhandenen Wohnparks westlich des Plangebietes dem Bedarf dieser besonderen Nachfrage der höhere
Stellenwert gegenüber dem Bestehen der § 28a-Biotope einzuräumen...Im Rahmen meiner Ermessensentscheidung habe ich der aufgezeigten Bauleitplanung und damit der verfassungsrechtlich verankerten
Planungshoheit einer Kommune den Vorrang gegeben.“ (Zitat Genehmigungsbescheid).
Den Festlegungen für das Plangebiet im RROP (Regionales Raumordnungsprogramm) wird im Genehmigungsbescheid folgendes entgegengehalten: „...Das heißt die Gemeinde kann zur Verfolgung ihrer
planerischen Ziele, nachdem sie die betreffenden Belange angemessen ermittelt und gewichtet hat, die raumordnerische Feststellung eines Gebietes als Vorsorgegebiet zu Gunsten einer anderen
Entwicklung abwägen. Diese Abwägung zu Gunsten der beantragten Bauleitplanung und damit zur Überplanung der § 28a-Biotope messe ich insbesondere auch unter den Gesichtspunkten Berücksichtigung
der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, der Schaffung und Erhaltung sozialstabiler Bevölkerungsstrukturen, der Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung sowie der Sicherung der
Bevölkerungsentwicklung den höheren Stellenwert bei.“. Zum Planfeststellungsbeschluß zum Sandabbau wird folgendes ausgeführt: „Bei dem Planfeststellungsbeschluss handelt es sich nicht um eine
überörtliche Planung im Sinne des § 38 BauGB, d. h. der Beschluss ist nicht vorrangig gegenüber der 73. Flächennutzungsplanänderung und dem Bebauungssplan Nr. 159 der Gemeinde Edewecht. Der
Sandabbau ist abgeschlossen und auch die Kompensation ist durchgeführt, sodass der Planfeststellungsbeschluss erledigt ist. Die Gemeinde kann also im Rahmen der oben aufgezeigten Abwägung das
Gebiet neu beplanen.“
Soweit die Aussagen aus dem Genehmigungsbescheid des Landkreises Ammerland. Abhängig gemacht wird die Inanspruchnahme der Genehmigung allerdings von der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans 159
(„Wohnpark am See“).
Wie auch aus dem oben zitierten Bescheid hervorgeht, wird die Konfliktscheu des Landkreises gegenüber seinen Gemeinden stets mit der verfassungsrechtlich verankerten Planungshoheit der Gemeinden
erklärt. Fachliche Stellungnahmen der eigenen Behörde, hier des Umweltamts vom 20.03.2007, werden zugunsten einer konfliktfreien Zusammenarbeit mit den Gemeinden ignoriert bzw. den „Bedürfnissen“
angepasst. Auch dies offenbar der Ausfluss einer fehlenden Mittelinstanz als Kontrollbehörde nach der landespolitisch gewollten Auflösung der Bezirksregierung(en). Dass die Arbeit im
Umweltbereich schwieriger geworden ist seit dem Wegfall der Bezirksregierungen stellt übrigens auch die Staatsanwaltschaft Oldenburg (Oberstaatsanwalt R. Herrmann) in einem Bericht der NWZ vom
29.10.2008 fest.
Am 07.07.2008 hat der Rat der Gemeinde Edewecht den Bebauungsplan 159 verabschiedet. Der NABU hat unmittelbar nach rechtswirksamer Veröffentlichung der Satzung im Amtsblatt des
Landkreises Ammerland am 26.09.2008 gemeinsam mit unmittelbar betroffenen Anliegern einen Fachanwalt mit der Einreichung einer Klage beim OVG Lüneburg beauftragt. Mit der Klage wird die
Feststellung des fehlerhaften und rechtswidrigen Zustandekommens und damit die Nichtigkeit des Bebauungsplans beantragt. Außerdem wird die unzureichende Würdigung der Tatsache gerügt, dass der
Abbaubereich sowohl im Landesraumordnungsprogramm als Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft als auch im RROP des Landkreises Ammerland als Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft und im
Landschaftsrahmenplan des Landkreises als geschützter Landschaftsbestandteil (§ 28 Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatG)) ausgewiesen ist. Auch wird die Ansicht nicht geteilt, dass die im
Planfeststellungsbeschluss festgeschriebene Folgenutzung "natürliche Sukzession" für die ehemalige Sandabbaufläche als "erledigt" betrachtet werden kann.
Eine weitere Verschärfung der Situation am Roten Steinwegsee ist durch den Investor eingetreten. Ohne die diesbezüglichen auflagebedingten Restriktionen in der
Ausnahmegenehmigung zu beachten, sind "bauvorbereitende Maßnahmen" vorgenommen worden. Neben der Abholzung der Vegetation wurden dabei auch die beiden §28a-Biotope stark beschädigt bzw.
beseitigt. Für diesen vollendete Tatsachen schaffenden Eingriff wird gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
Eine vom Investor eingereichte Unterlassungsklage gegen die Vorsitzende der Bürgerinitiative wurde vom Landgericht Oldenburg abgewiesen. Frau Engler hatte öffentlich von
Planierungsarbeiten im Bereich des Seeufers und der §28a-Biotope am Roten Steinwegsee gesprochen. Das Gericht stellte im Gegenteil fest, dass "Planierungsarbeiten" durchaus die richtige Wortwahl
gewesen und eine entsprechende Äußerung durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei.
Die Landschaftszersiedelung im Ammerland setzt sich fort
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Niederungsbereich der Haaren am Ende des Steenkampswegs in Westerholtsfelde, Gemeinde Bad Zwischenahn, entsteht in der hier noch typischen, weitgehend
unverbauten Ammerländer Landschaft mit ausgedehnten Grünland- und Ackerflächen ein Aussiedlungshof . Nur ca. 200 Meter vom Hofneubau mit einer Inanspruchnahme von 9.170 m² versiegelter bzw.
überbauter Fläche beginnt das Landschaftsschutzgebiet „Bäkental der Haaren, Putthaaren, Ofener Bäke und Teile des Wold“ (LSG WST 81). Dieser für die Natur wertvolle Auenbereich der Haaren und das
hier noch intakte, landwirtschaftlich geprägte Landschaftsbild mit Getreide- und Maisfeldern vor dem Hintergrund des die Haaren begleitenden Gehölzbestandes wird durch den massiven Gebäudekomplex
mit Wohnhaus, Stallungen, Siloanlagen usw. irreparabel geschädigt.
Als Ausgleich für diese Landschaftszerstörung hat das Umweltamt die Eingrünung der Hofanlage mit einem Gehölzstreifen und der Anlage einer 1 ha großen Grasfläche in Hofnähe für ausreichend
befunden. Der NABU Rastede hat am 14.02.2008 mit einem Widerspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung an den beantragenden Landwirt reagiert, nachdem bereits im Vorfeld größte Bedenken geäußert
wurden und nachdem die gesamte Spitze des NABU Oldenburger Land, der NABU-Stiftung Oldenburgisches Naturerbe, der Naturschutzgemeinschaft Ammerland und der Vertreter der Oldenburgischen
Landschaft bei einer Ortsbesichtigung den herausragenden Wert dieses Landschaftsensembles bestätigt hatte.
Nach Ablehnung des Widerspruchs durch den Landkreis wurde gemeinsam mit einer renommierten Berliner Anwaltskanzlei über eine Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg beraten. Leider
wirkt die Privilegierung der Landwirtschaft im Außenbereich nach dem Baugesetzbuch (BauGB) so stark durch, dass von einer Klage wegen der kostenträchtigen Unsicherheiten letztlich Abstand
genommen wurde.
Was bleibt, ist Unverständnis über die behördlichen Entscheidungen im Umgang mit unseren Naturressourcen. Natur und Landschaft haben selbst in einem „Gebiet zur Verbesserung der
Landschaftsstruktur“ (darunter ist lt. Übersichtskarte zum Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises "ein größerer Landschaftsbereich, der durch ökologische und landschaftsgestalterische
Maßnahmen aufgewertet werden soll" zu verstehen) bzw. in einem „Gebiet zur Pflege und Entwicklung von Wallhecken“ nach dem Landschaftsrahmenplan des Landkreises keine ausreichende Gewichtung, um
die massive Bebauung einer schützenswerten Landschaft zu unterbinden.
In vielen Medienbeiträgen (Presse, Rundfunk, TV) wird die zunehmende Verbauung und Versiegelung unserer Landschaft angemahnt. Selbst das staatliche NLWKN beklagte diesen Tatbestand, der zur
fortschreitenden Dezimierung unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt führt.
Im Frühjahr fand in Bonn die UN-Artenschutzkonferenz statt. Die Teilnehmerstaaten waren sich einig, dass die weltweit fortschreitende Lebensraumzerstörung und das Artensterben beendet werden muß.
Diese von allen Nationen getragenen Grundsätze versagen aber spätestens dann, wenn auf unterster Ebene konkretes Handeln gefragt ist. Hier siegen in aller Regel die wirtschaftlichen
Einzelinteressen aufgrund der oft einseitigen bzw. gedehnten Auslegung des Ermessensspielraums der Behörden. Natur und Landschaft wird im Zweifel als Verfügungsmasse der Genehmigungsbehörden
angesehen. Im Verwaltungshandeln hat sich eine Praxis herausgebildet, dass bei Projekten wie dem vorliegenden davon ausgeht, den schwerwiegenden Eingriff in eine Landschaft und damit der
Beraubung ihrer natürlichen Schönheit und Eigenart mit einigen kosmetischen Schönheitskorrekturen, wie der Eingrünung der Gebäude auszugleichen.
Dass Natur und Landschaft in unserem dicht besiedelten, mit Siedlungen und Gewerbegebieten mehr und mehr zugebauten Land eine immer wertvollere Funktion auch für uns Menschen hat und zunehmend
haben wird, wird dabei zu oft übersehen. Auf der o. g. Konferenz sagte noch unser Bundesumweltminister Siegmar Gabriel: „Wir dürfen nicht das von der Festplatte löschen, was
unsere Kinder und Enkel als Daten brauchen, um ihr Leben gestalten zu können.“ (NWZ vom 20.05.2008). Und Altbundespräsident Richard von Weizsäcker äußerte sich einmal so: "Unsere
Nachfahren werden nicht fragen, welche Zukunftsvisionen wir für sie bereithielten; sie werden wissen wollen, nach welchen Maßstäben wir unsere eigene Welt eingerichtet haben, die wir Ihnen
hinterlassen haben." Und Altbundespräsident Richard von Weizsäcker äußerte sich einmal so: "Unsere Nachfahren werden nicht fragen, welche Zukunftsvisionen wir für sie bereithielten; sie werden
wissen wollen, nach welchen Maßstäben wir unsere eigene Welt eingerichtet haben, die wir Ihnen hinterlassen haben." Dem ist angesichts von 150 täglich weltweit aussterbenden Arten und von 47 %
auf der Roten Liste (Liste der gefährdeten Brutvogelarten, NLWKN 03/2007) stehenden Vogelarten in Niedersachsen/Bremen nichts hinzuzufügen.
Nur am Rande sei noch erwähnt, dass die Bundesregierung am 07.11.2007 unter anderem beschlossen hat, bis 2010 den Rückgang von Arten und die Degradierung von Lebensräumen zu stoppen
(Kabinettsbeschluß S. 48)!
Hankhauser Moor in Gefahr
-s. auch Jahresberichte 2003 bis 2007 und unsere spezielle Internetseite- -
Im Jahr 2008 blieb die Lage für das Hankhauser Moor entspannt, eine im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes negative Entwicklung ist nicht eingetreten.
Exkursionen und Veranstaltungen
- Die traditionelle Fahrt zu den arktischen Wildgänsen in die Jader Marsch wurde am 25. Januar durch einen abendlichen Lichtbildervortrag zum Thema „Vögel im Winter – die große Völkerwanderung“
eingeleitet. Die sonntägliche Exkursion fand diesmal nur 9 Interessierte. Höhepunkte waren 150 Pfeifenten auf der Jade bei Jaderaltendeich, ca. 4.000 Weißwangen-(Nonnen-)gänse auf den nördlich
angrenzenden Weiden sowie 8 Silberreiher und 30 Gänsesäger an der Ölstraße und am Wapeler Siel.
- Mit 19 Teilnehmern war die frühmorgendliche Wanderung am 20. April durch den Rasteder Schloßpark recht gut besucht. Wegen der morgendlichen Kühle gab es nur geringe Gesangsaktivitäten der
Singvögel. Erstaunt waren die Teilnehmer über einen Austernfischer, der als Küsten-(Wat-)vogel auf dem Rennplatz nach Nahrung suchte.
- Die Veranstaltung „Naturerlebnis Wattenmeer – Wat- und Wasservögel am Jadebusen“ am 4. Mai wollten 17 Teilnehmer miterleben. Entgegen der Ankündigung im Tidenkalender verzögerte sich das
auflaufende Hochwasser, sodass wegen des weit entfernten Flutsaums nicht wie erhofft beobachtet werden konnte.
- Die ornithologische Exkursion am 1. Juni in das Naturschutzgebiet Barkenkuhlen mußte wegen des kurzfristigen krankheitsbedingten Ausfalls des Exkursionsleiters leider ausfallen.
- Der sonntägliche Spaziergang am 8. Juni durch das NABU-Paradies im Loyer Moor mit seinen Vögeln, Amphibien, Schlangen und Libellen war mit 42 Teilnehmern wieder ein voller Erfolg.
- Die erstmals durchgeführte Wanderung durch die Heideblüte im Loyer Moor am 24. August war mit 30 Teilnehmern hervorragend besucht und wird künftig weiterhin angeboten.
- Das Fledermaus-Kinderfest am 19. September am Ellernteich war mit 42 Kindern und vielen erwachsenen Begleitern wieder ausnehmend gut besucht und brachte den Kindern viele vergnügliche
Fledermausspiele sowie Kindern und Erwachsenen gleichermaßen neue Erkenntnisse über die heimlichen Nachtjäger.
- In Zusammenarbeit mit der Naturschutzgemeinschaft Ammerland (Bad Zwischenahn) wurde am 28. September erstmalig eine pilzkundliche Führung durch die Mansholter Büsche angeboten. Mit 25
Teilnehmern war die Veranstaltung nicht nur gut besucht, es wurde durch die sachkundige Führung auch viel Wissenswertes über das Leben der Pilze und ihre Bedeutung für den Naturhaushalt
vermittelt. Der Vortrag „Pilze sammeln - aber richtig“ am folgenden Montag (29. September) im evangelischen Gemeindesaal fand mit nur 11 Teilnehmern überraschend wenig Resonanz.
Artenschutzaktivitäten
Amphibienschutz
Am Ausgang des Winters wird jedes Jahr Ende Februar zum Schutz der unter Naturschutz stehenden Kröten, Frösche und Molche ein Fangzaun an der Parkstraße in Hankhausen vom Bauhof der Gemeinde
aufgestellt. In eingegrabenen Eimern werden so die in den Wäldern des Eichenbruchs überwinternden Amphibien auf dem gefahrvollen Weg zu ihrem Laichgewässer gefangen und zu ihrem Schutz über die
Parkstraße getragen. Die Straße "Am Eichenbruch" wird in der Zeit vom 15. Febr. bis 15. April zur Zeit der Amphibienwanderung von abends 19.00 bis morgens 07.00 Uhr auf jährlich neu zu stellendem
Antrag des NABU Rastede für den Autoverkehr gesperrt. Ohne diese Hilfsaktionen würden Hunderte der geschützten Tiere vom Autoverkehr überrollt. Das lokale Aussterben wäre dann die langfristige
Folge.
Die Wanderzeit der Amphibien zu den Laichgewässern beginnt je nach Art und Witterung von Mitte Februar bis Mitte März und endet um den 15. April.
Die Tiere suchen sich für ihre Wanderung feuchte und frostfreie Abende und Nächte aus.
Die Frühjahrswanderung 2008 der heimischen Kröten, Frösche und Molche ist dank der Hilfe tierliebender Anwohner wieder ohne größere Verluste zu Ende gegangen. Über die Parkstraße wurden insgesamt
2.029 Tiere mit Eimern von der Familie Heinemann getragen. Die durch die Sperrung der Straße "Am Eichenbruch" vor dem Überfahren bewahrten Tiere können dort nun nicht mehr
gezählt werden. Für die Amphibien bedeutet das aber ein streßfreies Überqueren der Straße, zumal das Fangen in Eimern immer nur eine das Überleben sichernde Notlösung sein kann. Das Schließen und
Öffnen der Sperrböcke wurde von der Familie Bennenhei und Frau Eberlen übernommen.
Fledermausschutz
Die von Schülern der 10. Klasse der KGS Rastede im Werkunterricht zusammengebauten Fledermauskästen vom Typ Spaltenkasten wurden im Frühjahr von Mitgliedern des NABU Rastede im Schloßpark an acht
geeigneten Plätzen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander aufgehängt. Die Kästen dienen den unter strengem Naturschutz stehenden (Wald-) Fledermäusen als Tagesschlafplätze und zur Geburt und
Aufzucht ihrer Jungen. Waldfledermäuse leben gern gesellig und wählen sich die geeignete Höhle artspezifisch nach Witterung und Beschattung bzw. Sonneneinwirkung. Die Kästen sind als Bausätze vom
NABU Landesverband zur Verfügung gestellt worden. Unser Foto zeigt NABU-Mitglied Horst Vollstaedt bei der Anbringung eines Kastens am "Sängerplatz".
Vogelschutz
Der Landkreis Ammerland erlaubte mit Schreiben vom 26.02.2008 dem Fischereibetreib Rabben den Abschuss einer unbegrenzten Anzahl von Kormoranen auf dem Gelände der
Kormorankolonie im Naturschutzgebiet Stamers Hop am Zwischenahner Meer. Dass ein Schutzgebiet nur bedingten Schutz bietet und von der zufälligen Entscheidung einer Behörde abhängig ist, mußten
viele Kormorane des Zwischenahner Meeres am eigenen Leibe erfahren. Die Genehmigung wurde begründet mit den von der Fischerei Rabben angeführten, angeblich von Kormoranen verursachten
„erheblichen fischereiwirtschaftlichen Schäden“ und wurde begrenzt auf die Zeiträume März 2008 und 16.08. - 31.10.2008. Obwohl Nachweise über die Schädigungen bzw. langjährige Fangstatistiken
nicht vorgelegt wurden, werden die gesetzlichen Regelungen nach Bundes- und Niedersächsichem Naturschutzgesetz i.V.m. der Niedersächsischen Kormoran-Verordnung vom Landkreis so interpretiert,
dass ohne einen gesonderten Nachweis über erlittene Schädigungen durch den Kormoran eine allgemeine Abschussgenehmigung angeordnet werden kann.
Schon im Vorfeld hatte der NABU Rastede dem Landkreis mit Schreiben vom 17.02.2008 eine Stellungnahme
zugeleitet, die aber vom Landkreis verworfen wurde.
Nach erneuter schriftlicher Intervention der NABU Bezirksgruppe und in mündlichen Verhandlungen zwischen dem Vorsitzenden des NABU Rastede und dem Landkreis konnte leider nur eine
Abschussbegrenzung auf 50 Kormorane für 2008 erreicht werden.
Einer nochmaligen rechtlichen Bewertung des Kormoranabschusses durch den NABU Rastede im Hinblick auf die von der Fischerei Rabben ins Feld geführten „erheblichen fischereiwirtschaftlichen
Schäden“ hielt der Landkreis ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover entgegen. Dort hatte im Februar 2007 ein Fischereibetreib am Dümmer gegen die Weigerung des Landkreises
Diepholz geklagt, ihm eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss von Kormoranen zu erteilen. Der gerichtliche Vergleich war dann identisch mit der Regelung am Zwischenahner Meer.
Obwohl die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts Hannover nicht vollumfänglich geteilt wird, mußte dieser schmerzliche Kompromiß zunächst für die Kormorane am Zwischenahner Meer
hingenommen werden. Vor einer erneuten Genehmigung für 2009 soll mit allen Beteiligten eine Bestandsaufnahme der verbliebenen Kormorane im NSG Stamers Hop erfolgen und über die weitere
Vorgehensweise beraten werden.
Wegweisend für die kommende Auseinandersetzung könnte der Ausgang eines Klageverfahrens um die behördlicherseits angeordnete Vernichtung einer Kormorankolonie im Naturschutzgebiet
Radolfzeller Aachried am Bodensee sein. Die dortige Entscheidung bleibt abzuwarten.
Jahreshauptversammlung am 8. Mai 2008
Die Jahreshauptversammlung in der evangelischen Heimvolkshochschule Rastede hat dem Vorstand nach Abgabe des Jahres- und Kassenberichts durch den 1. Vorsitzenden Entlastung erteilt. Die
Kassenprüfung ergab keine Beanstandungen. Neuwahlen standen nicht an. Es schloß sich eine Diskussion über anstehende und künftige Projekte an.
Verbandsbeteiligung
Wie in den Vorjahren erforderte die Verbandsbeteiligung für Bauvorhaben im Außenbereich im Landkreis Ammerland nach Bundes- und Landesnaturschutzgesetz einen erheblichen Zeitaufwand. Als
Beispiele mögen dabei die Aktivitäten zu dem Hofaussiedlungsvorhaben am Rande der Haarenniederung in Westerholtsfelde und der Bebauung am Roten Steinwegse in
Friedrichsfehn (s. im vorderen Teil des Berichts) gelten.
Dank an die Heimvolkshochschule Rastede
Dank für die freundliche Überlassung eines Tagungsraumes für die monatlichen Vorstandssitzungen gilt Leitung und Sekretariat der HVHS Rastede.