Hähnchenmastställe in Wippingen müssen

erheblich nachgerüstet werden !

Verfahren vor dem OVG Lüneburg endet mit Vergleich

Der NABU Oldenburger Land hatte seinen Widerspruch gegen die Junghennenställe in Garnholt (Ammerland) von einem Urteil in 1. Instanz abhängig gemacht.

Juni 2013:  Das Beschwerdeverfahren gegen die Hähnchenmastanlage in Wippingen vor dem OVG Lüneburg endete jetzt mit einem Vergleich zwischen dem Betreiber und dem NABU. Danach baut der Landwirt sowohl einen Wasserbadfilter als auch einen staubreduzierenden Wärmetauscher in beide Ställe ein und verwendet ausschließlich eiweißreduziertes RAM-Futter (Ergänzungsfutter, das einen besonders hohen Gehalt an Rohprotein sowie Mineral- und Wirkstoffen beinhaltet). Auch die Kosten für das Widerspruchs- und Gerichtsverfahren werden von ihm übernommen. "Damit könnten gravierende Belastungen und ein möglicherweise kostenintensiver Rechtsstreit vermieden werden, sollte aber keinesfalls als Modellregelung für andere Verfahren gelten.", so Katja Hübner vom NABU-Regionalbüro Emsland / Grafschaft Bensheim.

Aufgrund dieses Verfahrensausgangs und der offensichtlichen Erfolglosigkeit einer Klage hat der NABU Oldenburger Land den Widerspruch gegen die Junghennenställe in Garnholt (Stadt Westerstede) zurückgezogen.

 

Nov. 2012: Angesichts der landesweiten Bedeutung der Musterklage gegen die Hähnchenmastanlage in Wippingen/Emsland (s. unten) hat der NABU Oldenburger Land auf Empfehlung des NABU Rastede einen vierstelligen Betrag zur Deckung der anwaltlichen Kosten zur Verfügung gestellt.

 

05.09.2012: Mit Rücksicht auf die sich abzeichnende Verzögerung durch zusätzliche Gutachten und Stellungnahmen aufgrund eines Eilantrages des NABU Emsland vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück hat der NABU heute seinen Widerspruch vom 24.07.2012 gegen die Garnholter Ställe zurückgezogen. Der "Muster"-prozess vor dem VG Osnabrück gegen die Errichtung einer Hähnchenmastanlage in Wippingen/Emsland (s. unseren Bericht vom 11.11.2011 unten!) sollte die Grundlage für eine evtl. Klage des NABU Oldenburger Land  bilden. Wir halten weiterhin die im Widerspruch vorgetragenen Bedenken aufrecht, sehen aber unter den geschilderten Umständen angesichts der geltenden Rechtslage keine andere Möglichkeit, als den Widerspruch zurückzunehmen.

Sollte die Gerichtsentscheidung zugunsten des Tier- und Menschenschutzes ausfallen, wird darauf in künftigen Genehmigungsverfahren Bezug genommen.

 

Juli 2012: Gegen den Genehmigungsbescheid des Landkreises Ammerland vom 27.06.2012 hat der NABU mit Schreiben vom 24.07.2012 Widerspruch eingelegt. Begründet wird dies mit der nach wie vor fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), mit fehlenden Abluftreinigungsanlagen gegen die die menschliche Gesundheit gefährdenden Bioaerosole (s. unten im Bericht vom April 2012), mit dem nicht ausreichenden Brandschutz für die 76.800 Tiere, mit der Unvereinbarkeit der Haltungsbedingungen mit dem Tierschutzrecht, mit der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit, weil es sich um ein industrietypisches Vorhaben handelt und öffentliche Belange der landwirtschaftlichen Privilegierung entgegenstehen und weil die starken Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und die Erholungsqualität der Landschaft nicht bzw. nicht ausreichend gewürdigt werden.

 

April 2012: Für die von der Dr. Janssen und Deetjen GbR beantragten Junghennenaufzuchtställe mit 2 x 38.400 Tieren in Westerstede-Garnholt ist vom Landkreis Ammerland trotz zu erwartender erheblicher Umweltauswirkungen (gesundheitsgefährdender Emissionen, Landschaftsbild, Bodenstruktur, Naturhaushalt) keine UVP-Pflicht (Umweltverträglichkeitsprüfung) festgestellt worden. Der NABU hält diese Beurteilung für fehlerhaft und fordert in seiner Stellungnahme vom 24.04.2012 neben der UVP auch die Sicherung der Ställe für den Fall eines Brandes. Nach der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) müssen für eine vollständige Evakuierung von Mensch u n d Tier Fluchtmöglichkeiten vorgesehen und eingebaut werden. Um eine Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole (luftgetragene Partikel biologischer Herkunft wie Pilze, Bakterien, Viren sowie ihre Stoffwechselprodukte und Zellwandbestandteile (zum Beispiel Endotoxine)) für Menschen, Tiere und Pflanzen in einem Radius von 500 m zumindest zu minimieren, werden vom NABU entsprechende Abluftanlagen gefordert.

 

Was wir unseren Mitgeschöpfen zumuten: ein kurzes Leben in qualvoller Enge, Foto: NABU
Was wir unseren Mitgeschöpfen zumuten: ein kurzes Leben in qualvoller Enge, Foto: NABU

März 2012: Zeitungsberichten zufolge hat die Gemeinde Wiefelstede die Klage zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Baugenehmigung (s. Dezember 2011) zurückgezogen. Damit wäre wieder eine Chance vertan, den Expansionsdrang der Fleisch-Großkonzerne zu stoppen. Ungeachtet der Proteste der Anwohner und der Wiefelsteder wäre damit der Weg frei für weitere gigantische Hähnchen-Mastställe. Wann fordert der Landkreis Ammerland wie im Emsland Brandschutz- und Keimgutachten, um eine tierschutzgerechte Haltung durchzusetzen? Bitte nicht erst, wenn die Landschaft wie in den Landkreisen Cloppenburg, Emsland und Vechta mit solchen Anlagen zugepflastert worden ist!

In einer Eilentscheidung hat das OVG Lüneburg am 13. März 2012 dem Landkreis Oldenburg bestätigt, dass es für die Forderung nach einer Abluftanlage zur Vermeidung von Luftbelastungen durch Bioaerosole (Pilze, Bakterien, Viren, Endotoxine und Stoffwechselprodukte)  für einen Hähnchenmaststall mit 83.000 Tieren gute Gründe gibt (Az.: 12 ME 270/11).

 

Dezember 2011:

Ohne Erfolg blieb die Klage der Gemeinde Wiefelstede vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg gegen das vom Landkreis ersetzte, von der Gemeinde verweigerte Einvernehmen für die Baugenehmigung von zwei neuen Hähnchen-Mastställen im Wiefelstedermoor. Die Entscheidung des Gerichts über die von der Gemeinde und einem Anwohner beantragte aufschiebende Wirkung der Baugenehmigung dagegen steht noch aus.

Es bleibt die Frage, warum der Landkreis die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung angeordnet hat. War es vorauseilender Gehorsam gegen die Macht des hinter dem Bauantrag stehenden Geflügel-Großkonzerns oder zwingende rechtliche Notwendigkeit? Die Gerichtsentscheidung wird Aufklärung bringen!

 

11.11.2011:  

Unter Federführung des NABU-Regionalverbandes Emsland / Grafschaft Bentheim haben 10 Vereine und Verbände sowie etwa 100 Privatpersonen umfangreiche Stellungnahmen im Rahmen des ersten Stallgenehmigungsverfahrens mit Brand- und Keimschutzgutachten für die geplante Hähnchenmastanlage Wilmes in Wippingen (s. u.) abgegeben und massive Bedenken geäußert. 
 
Der Landkreis Emsland hat seit einem Jahr seine Genehmigungspraxis für Stallbauanlagen geändert und fordert für große Anlagen Keim- und Brandschutzgutachten. Jetzt befindet sich die erste Stallanlage mit Keim- und Brandschutzgutachten – ein geplanter Hähnchenmaststall mit 83.900 Plätzen in Wippingen - im Genehmigungsverfahren. „Wir erwarten, dass in diesem Verfahren die Standards im Umgang mit Keim- und Brandschutzfragen gesetzt werden, die auch in zahlreichen weiteren Genehmigungsverfahren Anwendung finden werden. Deshalb haben wir uns sehr intensiv mit den Antragsunterlagen auseinandergesetzt, uns mit anderen Vereinen wie BUND und Tierschutzbund sowie zahlreichen Privatpersonen zusammengetan und auch professionelle Unterstützung  von Rechtanwalt Peter Kremer und Immissionsschutzgutachter Knut Haverkamp in Anspruch genommen,“ so Katja Hübner, Mitarbeiterin des NABU-Regionalverbandes Emsland / Grafschaft Bentheim.
 
Zum einen hat Rechtsanwalt Kremer im Namen der Einwender beantragt, wegen fehlender Antragsunterlagen den geplanten Erörterungstermin am 8. Dezember abzusagen und die Antragsunterlagen ggf. nach ihrer Vervollständigung neu auszulegen. Zum anderen hat seine rechtliche Überprüfung der Antragsunterlagen ergeben, dass die Anlage nicht genehmigungsfähig ist, da zahlreiche Rechtsvorschriften dem entgegenstehen.
 
Insbesondere werden folgende Punkte bemängelt:
·        Die Immissionsprognose sowie das darauf aufbauende Keimgutachten sind u.a. wegen Mängeln bei der Ausbreitungsberechnung fehlerhaft und nicht verwendbar.
·        Eine Geruchs-Immissionsprognose fehlt.
·        Das Keimgutachten ist grob fehlerhaft, weil an keiner Stelle auf die spezifische Gefährlichkeit von Bioaerosolen eingegangen wird und keine Prognose im Hinblick auf die zukünftige Belastung der Anwohner mit Keimen und Endotoxinen vorliegt.
·        Das Brandschutzkonzept versucht gar nicht erst, eine Rettung der Tiere im Brandfall zu erreichen, was dem im Grundgesetz verankerten Tierschutzgedanken und den Vorgaben der Niedersächsischen Bauordnung widerspricht.
·        Die geplante Haltungsform der Masthähnchen ist mit den Vorgaben des Tierschutzrechtes unvereinbar.
·        Die Anlage ist bauplanungsrechtlich unzulässig, da eine Privilegierung des Vorhabens nicht besteht und durch das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtigt werden.
·        Es wurde keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, obwohl dies erforderlich gewesen wäre.
 
„Wir hoffen sehr, dass die sehr umfangreichen Ausführungen insbesondere zu Keim- und Brandschutzfragen dazu führen werden, dass der Landkreis Emsland Anträge auf Massentierhaltungsanlagen nicht mehr bzw. nur noch sehr restriktiv genehmigt,“ so Hübner. „Wir rechnen allerdings damit, dass wir ggf. auch gerichtlich gegen Genehmigungen des Landkreises vorgehen müssen,“ so die diplomierte Landespflegerin weiter. „Aber das, was wir in einem solchen Verfahren wie in Wippingen erreichen, wirkt sich auch auf alle weiteren Verfahren positiv aus. Deshalb lohnt sich unser Engagement gleich mehrfach,“ ist die Mitarbeiterin des NABU überzeugt.

 

Okt. 2011: Der NABU- Regionalverband Emsland / Grafschaft Bentheim wird gegen das Pilot- Genehmigungsverfahren für die geplante Hähnchenmastanlage Wilmes in Wippingen (Samtgemeinde Dörpen, Landkreis Emsland) anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Rechtsanwalt P. Kremer aus Berlin wird die Vertretung übernehmen. Sowohl der NABU Rastede als auch der NABU Oldenburger Land e. V. haben sich als Einwender dem Verfahren angeschlossen.

 

Nov. 2010:

Die Ammerländer Naturschutzverbände fordern verbindliche Ziele für Massentierhaltungsanlagen

Die drei Ammerländer Naturschutzverbände NABU, BUND und Naturschutzgemeinschaft Ammerland weisen in einer gemeinsamen Presseerklärung darauf hin, dass in den Hochburgen der niedersächsischen Massentierproduktion, den Landkreisen Cloppenburg, Vechta und Emsland, die zulässige Immissionsgrundbelastung nahezu ausgereizt ist. Investoren von Massentierhaltungsanlagen weichen deshalb zunehmend in bisher unbelastete Gebiete aus. Mit Sorge beobachten die Naturschutzverbände auch die im Ammerland vermehrt gestellten Anträge für Massentierställe. Aktuell befindet sich eine Masthähnchenanlage im Genehmigungsverfahren mit rund 1,26 Millionen Stück Schlachtvieh pro Jahr.

  Die Verbände warnen vor einer Zunahme industrieller Mastanlagen im Ammerland, die überwiegend von nicht ortsansässigen Investoren finanziert werden. Sie lehnen solche Agrarfabriken aus Gründen des Tierschutzes, schon aus christlicher Sicht (in der Bibel, im Buch der Sprüche, heißt es im 12. Kapitel, Vers 10: "Der Gerechte weiß, was sein Vieh braucht, doch das Herz der Frevler (Gottlosen) ist hart"), grundsätzlich ab ebenso wie aus Klima- und Umweltschutzgründen und sehen auch spezielle Gefahren für das Ammerland. Die überdimensionierten Ställe vernichten Arbeitsplätze bei kleineren und mittleren heimischen landwirtschaftlichen Betrieben und verdrängen die bäuerliche Landwirtschaft, wie sie im Ammerland noch verbreitet vorhanden ist. Die Erholungsgebiete im Ammerland werden durch Großmastställe negativ beeinflusst. Die „Parklandschaft“ und das touristische Potenzial werden durch die überdimensionierten Stallbauten stark in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem werden Beeinträchtigungen von Natur, Landschaft und biologischer Vielfalt sowie den Verlust an Lebensqualität, nicht nur für die unmittelbar Betroffenen befürchtet.

Die Ammerländer Naturschutzverbände haben jetzt einen Antrag an den Landkreis gestellt, in dem sie verbindliche Ziele für die Errichtung von Massentierhaltungsanlagen fordern. Z. Zt. sind insbesondere der Brandschutz und die mögliche Gesundheitsbelastung durch Emissionen aus Tiermastställen in der aktuellen Diskussion – auch in niedersächsischen Ministerien. Die Verbände sehen darin eine Chance, die Ansiedlung von Massentierhaltungsanlagen im Ammerland mit Rückendeckung aus den niedersächsischen Sozial- und Landwirtschaftsministerien von Anfang an zu lenken. Im Antrag wird vorgeschlagen, Vertreter der zuständigen Behörden, Landwirtschaft und Naturschutzverbände kurzfristig an einen Tisch zu holen, um Lösungen zu entwickeln, die der hiesigen Landwirtschaft dauerhaft nutzen und den Tierschutz angemessen berücksichtigen. Ziel sollte eine einvernehmliche Lösung zur Beschränkung von Massentierhaltungsanlagen im Ammerland und eine Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft sein.

In diesem Zusammenhang dürfte die Klage des NABU Niedersachsen gegen den Geflügelschlachthof bei Wietze von Interesse sein!